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Menschen mit Behinderung – Freifahrtenregelung

Freie Fahrt für mehr Mobilität

Freifahrten im Personennah- und Fernverkehr

(Stand: 04/2016)

Menschen mit Behinderungen erhalten als Ausgleich für ihre Behinderung Nachteilsausgleiche. Auch die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr gehört dazu. Seit dem 1. September 2011 hat die Deutsche Bahn (DB) die sogenannte Freifahrtenregelung erheblich ausgeweitet: auf den gesamten Nahverkehr.

Die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr und zum Teil auch im Fernverkehr ist ein wichtiger Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderungen: Sie eröffnet Mobilität und gesellschaftliche Teilhabe. Die Freifahrtenregelung gleicht dabei aus, dass behinderten Menschen ihre Behinderung und die fehlende Barrierefreiheit von Bahnhöfen, Zügen oder Automaten das Reisen besonders erschweren.

Wer ist freifahrtberechtigt?

Die Freifahrtenregelung können schwerbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) ab 50 nutzen, deren Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist oder die – so formuliert es das Gesetz – hilflos, blind oder gehörlos sind. Ihr Schwerbehindertenausweis muss also eines der Merkzeichen „G“, „aG“, „H“, „Bl“ oder „Gl“ tragen und außerdem einen orangefarbenen Flächenaufdruck haben. Berechtigt sind auch Kriegsbeschädigte und Personen mit dem Merkzeichen „VB“ oder „EB“, die am 1. Oktober 1979 freifahrtberechtigt waren, wenn der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wenigstens 70 beträgt.

Was kostet die Nutzung der Freifahrt?

Ganz kostenlos ist die Freifahrt dennoch nicht. Wer sie nutzen möchte, muss ein Beiblatt mit einer Wertmarke erwerben. Das Beiblatt ist beim Versorgungsamt erhältlich. Die dazugehörige Wertmarke kostet aktuell 80 Euro im Jahr oder 40 Euro im Halbjahr.

Für Menschen mit dem Merkzeichen „H“ oder „Bl“ ist die Wertmarke hingegen kostenlos. Ebenfalls kostenfrei erhält die Wertmarke, wer Arbeitslosengeld II, laufende Hilfen zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbminderung oder entsprechende Leistungen nach dem SGB VIII oder dem Bundesversorgungsgesetz bezieht. Kostenlos ist die Wertmarke auch für Schwerkriegsbeschädigte und Personen mit dem Merkzeichen „VB“ oder „EB“, die schon seit dem 1. Oktober 1979 freifahrtberechtigt sind.

Die Wertmarke ist entweder sechs oder zwölf Monate lang gültig. Wer eine für zwölf Monate gültige Wertmarke zurückgibt, obwohl diese noch mehr als ein halbes Jahr lang gültig wäre, erhält die Hälfte der bezahlten Gebühr erstattet. Das Gleiche gilt, wenn die berechtigte Person verstirbt, falls die Wertmarke noch mehr als ein halbes Jahr lang gültig wäre.

Welche Transportmittel zählen zum öffentlichen Personennahverkehr?

Berechtigte können die Freifahrt im gesamten öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nutzen. Hierzu zählen:

  • Straßenbahnen, Linienbusse, O-Busse, U-Bahnen und S-Bahnen
  • Schiffe im Linien-, Fähr- und Übersetzverkehr im Orts- und Nachbarschaftsbereich
  • Eisenbahnen, die in einen Verkehrsverbund einbezogen sind und mit Verbundfahrschein genutzt werden können (in der 2. Wagenklasse)
  • viele Nahverkehrszüge von nicht bundeseigenen Eisenbahnen (Privatbahnen) in der 2. Wagenklasse
  • Nahverkehrszüge der Eisenbahnen des Bundes (2. Wagenklasse), also Regionalbahnen, Regionalexpress- und Interregio-Express-Züge der Deutschen Bahn AG

Bis 2011 galt für die Freifahrt im Nahverkehr eine 50-km-Begrenzung um den Wohnsitz der berechtigten Person. Seit 2012 verzichtet die Deutsche Bahn auf diese Begrenzung. Damit entfällt auch das spezielle Streckenverzeichnis, das Berechtigte zuvor von ihren Versorgungsämtern erhielten, um den 50-km-Kreis zu dokumentieren, und das bei allen Fahrten umständlich mitzuführen war.

Freifahrtberechtigte können seit 2012 also unabhängig von Verkehrsverbünden im gesamten Bundesgebiet alle Nahverkehrszüge der Deutschen Bahn kostenlos nutzen – zum Beispiel S-Bahnen, Regionalbahnen oder Regionalexpresszüge. Nicht erfasst werden weiterhin IC/EC-Züge, ICE-Züge und D-Züge, denn dabei handelt es sich um Fernzüge. Auch bei den Privatbahnen ändert sich durch die Neuerung bei der Deutschen Bahn nichts.

Welche Regelung gilt im Fernverkehr?

Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen gibt es in eingeschränkter Form auch im Fernverkehr: Innerhalb eines Verkehrsverbundes dürfen Berechtigte Fernverkehrszüge unentgeltlich benutzen, wenn die Züge für Fahrkarten dieses Verkehrsverbundes freigegeben sind. Eine Begleitperson fährt kostenlos in allen Fernzügen der Bahn mit, wenn der Schwerbehindertenausweis die Berechtigung zur Mitnahme durch das Merkzeichen „B“ dokumentiert. Menschen, die in ihrem Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen „B“ oder „Bl“ haben, können ebenfalls in allen Fernzügen für sich sowie gegebenenfalls für ihre Begleitperson zudem kostenlos Sitzplätze reservieren.

Was ist noch wissenswert?

  • Berechtigt der Schwerbehindertenausweis durch das Merkzeichen „B“ dazu, eine Begleitperson mitzunehmen, so fährt die Begleitperson immer kostenlos mit. Dies gilt im Nah- wie im Fernverkehr. Für den Nahverkehr gilt es sogar dann, wenn die behinderte Person selbst gar keine Wertmarke gekauft hat. Neben der Begleitperson kann übrigens auch ein (Begleit-)Hund mitgenommen werden.
  • Je nach Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis können auch orthopädische Hilfsmittel oder ein Blindenführhund kostenlos mitgenommen werden. Schwerbehinderte Menschen haben wie andere Reisende auch ein grundsätzliches Beförderungsrecht. Das schließt Reisegepäck mit ein, insbesondere den Rollstuhl oder andere Hilfsmittel.
  • Schwerkriegsbeschädigte Menschen, die in ihrem Ausweis das Merkzeichen „1. Kl.“ haben, können im Nah- und Fernverkehr mit einer Fahrkarte der 2. Klasse die Wagen der 1. Klasse nutzen.
  • Schwerbehinderte Menschen ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 erhalten die Bahncard zum halben Preis.

Die Mobilitätsservicezentrale der Deutschen Bahn beantwortet telefonisch alle Fragen zum barrierefreien Bahnreisen. Wer direkte Hilfen beim Ein-, Aus- und Umsteigen wünscht, muss dies spätestens einen Tag vor Reiseantritt bis 20 Uhr und bei Reisen am Sonn- oder Montag bis Samstag 15 Uhr anmelden.

Die Positionen des SoVD

  • Die Freifahrtenregelung ist ein wichtiger Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderungen. Sie ermöglicht und erleichtert Mobilität und gesellschaftliche Teilhabe und ist ein Ausgleich für die vielen behinderungsbedingten Erschwernisse beim Reisen. Der SoVD setzt sich daher für den Erhalt dieses Nachteilsausgleiches ein.
  • Auch die Ausweitung der Freifahrtenregelung seit 2012 begrüßt der SoVD im Grundsatz. Nun müssen die Berechtigten nicht mehr mit den umständlichen und schwer verständlichen Streckenverzeichnissen hantieren. Stattdessen können Menschen mit Behinderungen alle Nahverkehrszüge der Deutschen Bahn im gesamten Bundesgebiet kostenfrei nutzen. Das kann den Alltag erheblich erleichtern. Allerdings muss die Bahn ihre Anstrengungen im Bereich Barrierefreiheit noch deutlich verstärken. Auch weiterhin gibt es viel zu wenige barrierefrei zugängliche und nutzbare Bahnhöfe und Züge. Hier besteht dringender Verbesserungsbedarf – Freifahrt hin oder her.
  • Zusätzlich beschloss der Gesetzgeber mit der neuen Freifahrtenregelung, die Kosten für die Wertmarken zu „dynamisieren“: Ihr Preis darf seither automatisch mit der Bezugsgröße in der Sozialversicherung steigen, welche sich an der allgemeinen Einkommensentwicklung orientiert. Damit richtet sich der Blick nicht mehr auf den Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile, sondern auf das durchschnittliche Einkommen der Bevölkerung. Menschen mit Behinderungen verfügen jedoch oft über deutlich weniger Geld als die Durchschnittsbevölkerung. Der SoVD kritisiert diese Dynamisierung daher seit 2011 in aller Deutlichkeit. Die Kosten für eine Jahresmarke stiegen indessen bereits von 60 Euro auf 80 Euro an.

Bei Einzelfragen zur Freifahrtenregelung hilft Ihnen Ihre SoVD-Beratungsstelle gern weiter.

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